leipzigart  KUNSTJOURNAL



globus '06 - 15. Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater
Das Jubiläum vom 1. bis zum 27. Oktober 2006

Rheingold
Leipziger Erstaufführung mit einer Studenten- & Absolventengruppe der Hochschule für Schauspielkust Ernst Busch am 27.Oktober in der naTo

Den Opernführer konnte man am Freitagabend bei der Leipziger Erstaufführung von "Rheingold" getrost zu Hause lassen! In der Berliner Inszenierung der multinationalen Studenten- und Absolventengruppe der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch wurde weitestgehend auf Richard Wagner verzichtet. Cabaret-Einlagen ersetzten Orchestermusik und Opernarien. Auch gab es weder Logen, noch Sitzpolster in der naTo. Mit Bier- oder Weingläsern in der Hand drängten die zahlreichen, meist studentischen Zuschauer in den Saal.
Während auf der rechten Bühnenhälfte eine kleine Bandformation mit funkiger Cabaret-Musik einsetzt, stolziert ein Mann in erotischer Damenunterwäsche in den Lichtkegel des Scheinwerfers. Auf Englisch begrüßt er das Publikum, wie es sich eben für eine richtige Varieté-Show gehört.
Zusammen mit zwei schrill kreischenden, spärlich bekleideten Damen tanzt er mit den beiden als Rheintöchter lachend auf Tischen. Vor ihren Gesichtern halten sie lebensgroße weibliche Figurenköpfe, die als Klappmaulpuppen überzogen ihre Münder öffnen, ähnlich wie man es aus der Muppet-Show kennt (Figurenbau: Melanie Sowa). Die Spieler bewegen sich mit vollem Körpereinsatz, um der starren Mimik der Puppen entgegenzuwirken.
Nun erwecken sie Figuren aus dem Rheingold zu Leben. Das Spiel beginnt. Die Zuschauer verfolgen aufmerksam die Handlungsstränge, die in ihrer Vielfalt im Kontrast zu dem vorigen Revuetheater stehen. Zu sehen ist der Zwerg Alberich, der als Ganzkörperfigur geführt wird. Er stielt das Rheingold, welches seinem Besitzer zu endloser Macht verhilft, wenn er der Liebe abschwört und sich einen Ring daraus schmiedet. Doch Wotan, der Heervater, neidet Alberich diese neu erworbene Machtstellung und es gelingt ihm, Alberich den Ring abzunehmen. Nur ist das Rheingold jetzt mit einem Fluch belegt. Das Spiel endet im Mythos und setzt sich in den Nibelungen fort.
Die Inszenierung wechselt immerzu zwischen Schauspiel, Musikeinlagen und Figurenspiel, wodurch drei Ebenen entstehen. Jedoch grenzen sich die Bereiche an vielen Stellen nicht klar genug voneinander ab, so dass Mischformen entstehen, die zum Teil irritieren, weil man nicht sicher ist, ob man eher auf die Puppen oder die Spieler achten soll. So bleiben die Darsteller als Puppenspieler zugleich auch Schauspieler.
Absolut heitere Szenen brechen im schnellen Wechsel ernsthafte Szenen. Dadurch bekommt das Stück eine ungeheure Lebendigkeit. Man merkt den jungen Puppenspielern die Freude am Theaterspielen an und es macht Spaß ihnen zuzuschauen.
Das Internationale Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater hat mit dieser Inszenierung einen absolut würdigen Abschluss erhalten.

Sarah Trilsch, 30.10.2006




Abbildung:
"Rheingold"

siehe auch Axel Pilz: "Furioses Festival-Finale zum Jubiläum"


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