leipzigart  KUNSTJOURNAL



16. Internationales Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater - globus'07

Des Kaisers neue Kleider
Gastspiel der Kleinen Bühne Naumburg am 16.10.07 in der Plagwitzer "Wasserstadt"

Hinz und Kunz, zwei Strolche, geben sich im kaiserlichen Schloss als Tuchweber aus. Seiner Majestät versprechen sie ein kosmisch zartes, durchscheinendes Gewand zu schneidern, um sich vor dem Galgen zu retten. Der Kaiser gibt den angeblichen Webern eine Nacht Zeit dieses Meisterstück zu nähen, das über eine ganz besondere Eigenschaft verfügt: Für jeden, der dumm ist und nicht für sein Amt taugt, bleibt der Stoff unsichtbar.

Während sich Hinz und Kunz an die Arbeit machen, begutachten der Minister und der Hofmarschall die leeren Webstühle. Sie verfallen in Lobeshymnen über die phantasievollen Musterungen, um zu verbergen, dass sie den Stoff eigentlich gar nicht sehen können. Dem Kaiser ergeht es am nächsten Morgen ähnlich, als die Weber das Gewand präsentieren. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als das Spiel mit zu spielen, schließlich muss er doch als Staatsoberhaupt für sein Amt taugen.

Nackt zeigt er sich in der Stadt seinem Volk, bis ein Kind auf seine Nacktheit aufmerksam macht. Aber als der Kaiser den Betrug erkennt, sind die beiden Strolche längst über alle Berge.

Die Inszenierung arbeitet spartenübergreifend mit Schauspiel- und Figurentheater: Die vier Schauspieler wechseln sich in der Puppenführung des Kaisers und des Betrügers Kunz ab. Vor allem Anna Füller und Kristine Stahl springen durch häufiges Stimmverstellen von ihrer Schauspielrolle zur Puppe. Mehrfach wird die Figur des Kaisers von allen Spielern belebt, wodurch die Grenzen zwischen Schauspiel und Figurenspiel fließend werden.

Fast durchgehend thront der Kaiser auf einem Samtsessel. Dabei trägt er nicht mehr als ein Nachthemdchen. Stur wie ein Kind will er seinen Willen durchsetzten, jedoch keine Verantwortung übernehmen. Schließlich schreitet er nackt, im unsichtbaren Gewand, von seinem Thron. Glücklicherweise verzichtet der Regisseur Christian Fuchs auf eine geschlechtsneutrale Puppe, wie sie bei jeden Mädchen im Puppenwagen zu finden ist. Vielmehr zeigt er den Kaiser als Mann in seiner menschlichsten Gestalt, was für große Heiterkeit bei den Großen und Kleinen sorgt.

Neben den Szenen auf der Bühne werden Toneinspielungen eingesetzt. Höfische Musik untermalt zeremonielle Handlung im Thronsaal des Kaisers und auch der berühmte Satz des Kindes, auf den das Märchen hinaus läuft, wird eingespielt: Der Kaiser hat ja gar nichts an!

"Des Kaiser neue Kleider" von der Kleinen Bühne Naumburg ist ein vergnügliches Stück, bei dem einfach richtig schöne Puppenspielkunst zu sehen ist.

Sarah Trilsch, 17.10.2007


Programmdetails: www.theatreart.de


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