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Dieses war der erste Streich und er zweite, dritte vierte ... folgt sogleich.
Rücktritt des Leipziger Oberbürgermeisters gefordert

Wir veröffentlichen den vollen Wortlaut des Briefes von Prof. Dr. Christoph Nix an den (noch) amtierenden Leipziger Oberbürgermeister Jung nach dem aufgeflogenen Skandal zum Berufungsverfahren um das Amt des neuen Kulturbürgermeisters.


An Herrn
Oberbürgerneister
Burkhard Jung
Neues Rathaus
Martin-Luther-Ring 4 - 6
04109 Leipzig

4. Juni 2008 / nix

Kulturbürgermeister Leipzig


Sehr geehrter Herr Jung,

nachdem die Presse nunmehr offen über das Berufungsverfahren um das Amt des Kulturbürgermeisters in Leipzig schreibt, erlaube ich mir, Ihnen mit diesem Brief meine Sicht der Dinge darzustellen.

Im Januar diesen Jahres wurde ich von Mitgliedern Ihrer Partei, den Sozialdemokraten und später auch aus dem Kreis der Linken gefragt, ob ich Interesse am Amt des Kulturbürgermeisters in Leipzig hätte. Durch diese Anfragen fühle ich mich geehrt. Selbstverständlich war für mich auch, dass ich als parteiloser Interessent, in Zeiten, in denen die Kultur rasch zur Sparmasse verkommt, die breite Unterstützung möglichst aller Fraktionen in Leipzig brauche.

Ihr persönlicher Wunsch war es, mich anlässlich der Bucbmesse in Leipzig zu treffen. Wir haben uns dann vertraulich getroffen, als ich anlässlich einer Lesung aus meinem neuen Roman "Junge Hunde" in Leipzig war. Dort habe ich deutlich gemacht, dass ich nicht von mir aus kandidiere, sondern nur wenn es auch Ihrem persönlichen Wunsch und dem der Sozialdemokraten entspricht. Ich habe Ihnen eine Liste mit Referenzen überreicht und Sie auch gebeten sich über meine Qualitäten zu erkundigen.

Nachdem Sie mir in diesen Punkten Ihre Zustimmung signalisiert hatten, habe ich Ihnen meine Vita nebst Zeugnissen überreicht. Ich habe umgehend meinen Kulturbürgermeister in Konstanz von meinen Plänen unterrichtet, damit auch Klarheit herrscht: kein doppeltes Spiel.

Wir haben vereinbart dass wir beide uns einen guten Politikstil, offene und ehrliche Verhältnisse im Umgang miteinander wünschen. Sie haben damals nicht die Wahrheit gesagt.

Ich habe gestern mit Alice Ströver in Berlin telefoniert, eine Frau, die ich gut kenne. Sie war Kandidatin, das habe ich jedoch erst am Sonntag erfahren. jetzt weiß ich, dass Sie das gleiche, falsche Spiel auch mit Frau Ströver gespielt haben: auch auf der Buchmesse in Leipzig, einen Tag vor unserem Gespräch.

Bisher habe ich unser Gespräch vertraulich gehalten, das muss ich jetzt nicht mehr. Ich hatte damals auch Zweifel, ob man mit Ihnen zusammen arbeiten kann, denn Sie haben auf der Buchmesse, obwohl wir uns kaum kannten, über Kollegen aus dem Stadtrat und
dem Bürgermeisteramt hergezogen, was ich moralisch und professionell unmöglich fand.

Ich fand die Begegnung im Rathaus mit den Vertretern von CDU, FDP, Linken und SPD dagegen dann überaus freundlich und kompetent. Ja, ich hätte mit allen Parteien gut zusammenarbeiten können. Sie hätten einen gehabt, der als Volljurist kommunalerfahren große Einrichtungen geleitet hat. Sie hätten keinen Knecht bekommen, sondern eine Persönlichkeit. Davor haben Sie Angst. Darin liegt ein Führungsproblem.

Für das alles tragen Sie die Verantwortung, auch dafür, dass Politik und Politiker in einem schlechten Licht dastehen und die Menschen müde werden sich dafür zu interessieren.

Von Frau Ströver habe ich erfahren, Sie hätten eine Pressemitteilung herausgeben wollen, in der stehen hätte sollen, es hätten sich keine geeigneten Bewerber gefunden. Davor möchten wir Sie beide warnen, denn es würde Frau Strövers und meine Ehre verletzten.

Das Einzige, worüber ich mich ärgere, ist, dass ich noch einmal auf Politik vertraut habe, dass ich geglaubt habe, Sie hätten zumindest ein protestantisches Gewissen, das war mein Fehler. Sie sollen in der Findungskommission gesagt haben, wenn einer gegen Ihren Willen gewählt würde, so würden Sie ihm das Leben zur Hölle machen. Nun, Herr Oberbürgermeister, die "Hölle sind wir selbst."

Frau Ströver und ich sind ihnen entronnen, Sie bleiben zurück und sind ein Problem für die Politik in Leipzig. Unter uns protestantischen Brüdern: "Treten sie zurück."

Es grüßt Sie
aus dem Süden einer demokratischen Republik

Prof. Dr. jur. Christoph Nix



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