Theater im Russischen Pavillon
Alte Messe Leipzig, 4. September 2005 PRESSEARCHIV © Leipziger Volkszeitung vom Dienstag, 6. September 2005 Teatr-Schnäppchen unterm roten Stern Mehr als tausend Besucher strömten zur ersten Messe der Freien Szene in den Russischen Pavillon So viele kulturelle Schnäppchen gab es lange nicht auf einen Schlag: "Bessere Zeiten"-Festival, Chailly auf dem Augustusplatz, und für Sonntag lud die IG Freie Szene zum "Teatr"-Spektakel in den Russischen Pavillon auf der Alten Messe. Die in der Interessengemeinschaft zusammengeschlossenen Künstler boten mit Aufführungen, Auftritten und Ausstellungen einen kostenlosen Überblick über das vielfältige Schaffen der Freien Szene. Die Empore über der Lobby ist fast so gut besucht wie manche Theatervorstellungen. Immerhin hat seit vielen Jahren niemand einen Fuß in das Gebäude mit dem roten Stern gesetzt. Im Oktober soll es hier eine viertägige Kunstmesse geben. Da trifft es sich gut, dass die freiwilligen Helfer aus der Szene schon mal die Reinigungsarbeiten erledigt, Schuttberge weg- und Fluchtwege freigeschaufelt haben. "Das war ein Riesenaufwand", sagt IG-Sprecher Jost Braun. "Aber es hat sich gelohnt." Von außen wecken rote Stoffbahnen auf unverputzten Wänden Erinnerungen. Die mit Infoständen verschiedener Gruppen gefüllte Lobby aber wirkt fast wie eine Bahnhofsvorhalle - statt Zug-Abfahrtszeiten werden die gerade anlaufenden Vorstellungen an die Wand projiziert. Überall herrscht reges Kommen und Gehen. Ob oben im großen Theatersaal oder in der Lounge, unten im kleinen Theater, im Kino und bei den Ausstellungen und Installationen dazwischen. Auch vor dem Pavillon gibt es witzige Aktionen wie die Trommelshow der "Autosymphoniker" oder das Walking Theatre der Theaterbaustelle. Auf ein paar Tausend schätzt Jost Braun vom Theater im Globus die Zahl der Besucher - über den ganzen Tag verteilt. Claudia Schulz ist mit ihrem Freund und Töchterchen Luzie da. "Das ist eine tolle Sache", lobt die Sekretärin im Mutterschaftsurlaub die Festivalidee. "Da viele Sachen parallel laufen, ist man nicht an bestimmte Zeiten gebunden und kann sich vieles anschauen." Nur Kulturbeigeordneter Georg Girardet bekommt von all dem nicht so viel mit. Bei einer Podiumsdiskussion in den Kulissen der turbulenten "Pappsatt!"-Show wird über "Finanzierungskonzepte der Zukunft" debattiert. Girardet wendet sich hier gegen das Klischee vom verstaubten Schauspiel: "Die freie Szene ist teilweise konservativer als das Stadttheater". Vertreter der Leipziger Szene waren zu dieser Runde nicht geladen, weil "wir ja nicht so viel jammern wollen", so Moderator André Kudernatsch. Dessen Honorar wird übrigens durch den Erlös einer Tombola finanziert. Auch ein Schnäppchen. Frank Schubert Gegendarstellung der IG Freie Szene Pressearchiv |